Definition: Totenflecke (Livores) sind
fleckförmige bis flächenhafte hyperämische Hautverfärbungen, die sich
vorwiegend an den abhängigen
Körperregionen
ausbilden.
Entstehung: Für die Ausbildung der
Totenflecke sind drei Faktoren von Bedeutung:
Hypostase: Das Blut sinkt entsprechend der
Schwerkraft in die Kapillarnetze der am tiefsten liegenden
Körperpartien. Dadurch werden die abhängigen Hautareale fleckförmig
hyperämisch. Diese Verfärbungen sind zunächst aufgrund der
Verschieblichkeit der Blutsäulen in den Kapillaren mit den Fingern
leicht wegdrückbar. Die Auflagestellen des Leichnams bleiben von
Totenflecken ausgespart, da sich durch das Körpergewicht keine
Hyperämie ausbilden kann. Im Körperinnern entstehen pm an
den tiefliegenden Organen ebenfalls Hyperämien. Hyperämien während des
Sterbens können an Gesicht, Hals und Schultern auch ohne Tieflage
dieser Partien Totenflecke zur Folge haben. Das Blutvolumen kann sich
dort pm nicht ausreichend verteilen, zumal die für den Rückstrom
notwendige Herztätigkeit fehlt. Es besteht dann eine Art
„obere Einflussstauung“ in der Farbe der Totenflecke. Während der
Sektion läuft
das Blut aus diesen
Regionen ab und die „Einflussstauung“ verschwindet meist.
Hämokonzentration:
In den
hyperämischen Arealen
wird Serum ins Gewebe abgepresst, intra vasal resultiert eine
Konzentration zusammengeballter Erythrozyten. Dadurch wird das Blut
schwerer verschiebbar, d. h., die Totenflecke werden schlechter
wegdrück- und umlagerbar.
Hämolyse: Früher wurde der Hämolyse
größere Bedeutung für die Entstehung der Totenflecke beigemessen.
Experimentell konnte jedoch nachgewiesen
werden, dass die Freisetzung und Diffusion des Hb auf Ausbreitung,
Farbintensität und Wegdrückbarkeit
der Totenflecke
nur einen geringen Einfluss hat.
Praktische
Bedeutung
Medizinisch
sicheres Zeichen des
Todes
Hinweis auf Todesursachen (besondersVerbluten
und CO-Intoxikation)
Beurteilung des
Todeszeitpunkts.
Kriminalistisch
postmortale
Lageveränderungen.
Ausbreitung und Farbintensität Ausbreitung und Farbintensität
der Totenflecke nehmen pm zu. Nach 9 –10 h wird ein Maximum
erreicht, das bis zum späten postmortalen Intervall unverändert bleibt. Abb. 1: Mit den Fingern
(Lendenregion) noch wegdrückbare, d. h. noch nicht
fixierte blauviolette konfluierte Totenflecke 6 hpm.
Auflagebedingte Aussparungen über den
Schulterblättern und am Gesäß.
Die Intensität der Totenflecke
wird grundsätzlich durch das Blutvolumen bestimmt. Ist dies bei
Blutungsanämien vermindert, sind die Flecke weniger intensiv und können
sogar fehlen.
Verletzungen mit
Blutungen (z. B. offenes SHT, Thoraxtrauma mit Hämatothorax).
Wegdrückbarkeit und
Umlagerbarkeit Wegdrückbarkeit und
Umlagerbarkeit der Totenflecke nehmen pm ab. Noch wegdrückbare
umlagerbare Totenflecke werden als nicht fixiert bezeichnet. Fehlen
diese Phänomene, spricht man von fixierten Totenflecken.
Tab. 2: Zeitabhängigkeit der
Wegdrückbarkeit und Umlagerbarkeit der Totenflecke. Farbe
Die Farbe der Totenflecke wird
durch die Anteile der vorhandenen Hb-Derivate bestimmt, die
unterschiedliche Absorptionsmaxima aufweisen. Tab. 3: Unterschiedliche Farbe
der Totenflecke: Ursache und Vorkommen.
Am häufigsten kommt durch das
Absinken des O2-Partialdrucks die blaugraue bis blauviolette Farbe vor.
Die zyanotische Farbe wird durch
das Absorptionsmaximum des erhöhten Anteils an desoxygeniertem Hb hervorgerufen. Durch die
O2-Zehrung der Gewebe vertieft sich dieser Farbton. Hellrote Totenflecke nach
O2-Beatmung wechseln ihre Farbe nach blaugrau infolge der O2-Zehrung
der Gewebe. Bei CO-Intoxikationen ist pm
keine Desoxygenierung möglich; die Farbe bleibt konstant hellrot. Die
Wahrnehmbarkeit des hellroten Farbtons ist ab 40 % CO-Hb möglich. Wird
eine frische Leiche mit blaugrauen Totenflecken bei Raumtemperatur
aufgefunden und
dann in einer Kühlzelle
gelagert, kann aufgrund der Temperaturabhängigkeit der Hb-O2-Bindung
die Farbe der Totenflecke zumindest teilweise nach hellrot wechseln.
Ein brauner Farbton setzt eine hohe Konzentration eines Met-Hb-Bildners
voraus. Derartige Intoxikationen treten kaum noch auf. Bei geringeren
Met-Hb-Konzentrationen entsteht eine Zyanose mit blaugrauen
Totenflecken.
Vibices: Als
Vibices werden punkt- bis
kleinfleckige Blutaustritte infolge von Kapillarzerreißungen
bezeichnet, die innerhalb der Totenflecke gelegen sind.
Abb. 2: Vibices innerhalb
graublauer Totenflecke.
Die postmortal entstandenen
Vibices dürfen nicht als vitale Petechien oder Ekchymosen interpretiert
werden
Zusammenfassung
Totenflecke
sind ein
sicheres Zeichen des Todes. Sie treten zu Beginn des frühen
postmortalen Intervalls auf.
Totenflecke haben für
die Diagnostik von Blutungsanämien, CO-Intoxikationen und für die
Einschätzung des Todeszeitpunkts Bedeutung.